Die Vollzeitnorm von 40 Stunden nimmt Vätern die Zeit in der Familie

Interview mit Teresa Bücker

In deinem Buch beschreibst du, dass viele Kinder ihre Väter als abwesend wahrnehmen, immer noch. Was hindert denn die Väter daran, präsenter zu sein in ihren Familien?

Mich hat das erst mal überrascht, dass Kinder immer noch sagen, dass ihre Mütter viel präsenter sind als die Väter, weil wir davon ausgehen, dass sich in Familien sehr viel getan hat. Und was Väter wirklich daran hindert, sich mehr zu beteiligen, sind die langen Arbeitszeiten. Das zeigen alle Studien, alle Analysen ganz klar, dass die Vollzeitnorm von 40 Stunden Vätern die Zeit in der Familie nimmt. Dann kommen oft noch Pendelwege dazu. Väter haben oft Arbeitsorte, die länger entfernt sind. Und das ist im Alltag dann ganz wenig Zeit. Also, Arbeitszeit ist eine der großen Stellschrauben und Vätern sollte eben bewusst sein, die Kinder nehmen. Das war heute immer noch. Ja.

Was können denn Väter gewinnen, wenn sie mehr Carearbeiten in den Familien übernehmen?

Jeder Vater, der sich ganz viel in die Familie einbringt, erlebt das eigentlich. Also am besten mal Väter fragen, die lange in Elternzeit waren oder Teilzeit arbeiten. Das entspricht auch eigentlich den Wünschen vieler Vätern, ja, ganz aktiv Vater zu sein, viel Zeit mit den Kindern zu haben. Und diejenigen, die es erleben, die vielleicht jetzt schon in Teilzeit arbeiten, die sagen auch, sie wollen nie wieder dahin zurück, wo sie vorher waren, weil der große Wunsch von den meisten Vätern ist, eben auch eine starke emotionale Bindung an die Kinder. Vorbild sein können und das kann man nur, wenn man im Alltag präsent ist. Und Väter leiden gerade oftmals zwischen der Zerrissenheit von den beruflichen Ansprüchen und wie sie als Vater eigentlich leben wollen. Und das in Einklang zu bringen, darum geht es und dann fühlt man sich auch wohl da in der eigenen Vaterrolle.

Was können wir denn noch an den Strukturen drehen, damit wir den Vätern die Anwesenheit in den Familien erleichtern können?

Was ich empfehlen würde, ist, dass sich Paare, heterosexuelle Paare, wirklich frühzeitig damit auseinandersetzen, wie sie leben wollen und ganz, ganz offen darüber sprechen. Das findet oftmals nicht statt und dann werden wir in alte Rollen gedrängt, in denen wir eigentlich gar nicht leben wollen. Und das wirklich früh zu planen, vielleicht auch zu sagen, wir machen materielle Einschnitte, weil wir beide in Teilzeit arbeiten wollen, aber dann so Eltern sein können, wie wir es wirklich wollen, das ist ganz, ganz wichtig. Und was ich Vätern auch empfehlen würde, wäre sich untereinander zu vernetzen, zu solidarisieren und immer zu sagen, wenn ich hier in meinem Unternehmen den Weg ebne für Familienfreundlichkeit auch für Väter, dann haben ganz viele andere Väter was davon. Also diese solidarische Ebene, politisch auch etwas zu verändern, das ist ganz wichtig.

Zum Schluss, was ist dein Appell an Väter?

Traut euch, in den Familien präsent zu sein, wirklich von Anfang an. Gönnt euch die Zeit. Macht euch ganz klar, wie ihr Vater sein wollt, wie ihr Familie leben wollt. Und seid dann auch mutig, dass es etwas unbequem sein kann, dass es bedeuten kann, beruflich zu reduzieren. Aber redet auch mit anderen Vätern, wie sie es wahrgenommen haben. Redet unbedingt mit Vätern, die lange in Elternzeit waren, die jetzt Teilzeit arbeiten und macht euch gegenseitig Mut. Und traut euch eben, Pioniere zu sein. Es wird euch und eure Kinder stärken.

Das Interview hat Martina Züger am Rande des VäterSummits am 26. August geführt.