Väter und Mütter stehen unter Druck

… und dass nicht erst durch Pandemie, Klimakrise und Inflation.

Unter der Überschrift „Ein Tag hat 24 Stunden …“ legt der Vorsitzende der LAG Väterarbeit in der aktuellen Ausgabe der Deutschen Hebammenzeitschrift dar, dass mehr Zeit für Familien nur durch eine Umverteilung von Zeit und die in ihrem Verlauf ausgeübten Tätigkeiten zwischen Vätern und Müttern entstehen kann.

„Eltern und Familien stehen unter Druck, und dass nicht erst durch Pandemie, Klimakrise und Inflation. Schon vor 25 Jahren hieß es in der von der Konrad Adenauer Stiftung beauftragten Studie „Eltern unter Druck: Selbstverständnisse, Befindlichkeiten und Bedürfnisse von Eltern in verschiedenen Lebenswelten“: „Eltern stellen heute hohe Anforderungen an ihre Mutter- und Vaterrolle; sie haben das Bedürfnis und Pflichtgefühl, in der Erziehung alles richtig machen zu wollen. Der persönliche Anspruch, diesen Vorstellungen auch in der Praxis zu genügen, setzt Eltern häufig unter großen Druck. Vor allem Väter befinden sich in einer unbestimmten Situation: Der Wandel des Rollenbilds vom Ernährer zum Erzieher kollidiert im Familienalltag mit den gestiegenen Ansprüchen im Berufsleben.“

Damit ist eine Dimension beschrieben, die „Stress im Familiensystem“ auslösen kann: die eigenen Vorstellungen vom Mutter- Vater- und Elternsein, die auf Rahmenbedingungen treffen, die in vielen Fällen nicht förderlich sind. In diesem Beitrag wird jedoch weder davon ausgegangen, dass Vereinbarkeit eine „Lebenslüge“ ist, noch einer Selbstoptimierung das Wort geredet. Der Autor beschreibt die Herausforderungen für Väter und Mütter in verschiedenen Lebenssituationen, vor allen denen, in denen Weichen gestellt bzw. Entscheidungen getroffen werden, die für zukünftige Aufteilungen von bezahlter Erwerbs- und unbezahlter Care-Arbeit bedeutsam sind. Außerdem werden Wege und Rahmenbedingungen skizziert, die es Vätern und Müttern erleichtern, ihre mehrheitlich geäußerten Wünsche bzw. Lebenskonzepte einer partnerschaftlichen Arbeitsteilung tatsächlich zu leben.

„Keine Zeit …“ – Fakten und Gedanken zur Verteilung und Verwendung von Zeit

„Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, wie Zeit verteilt ist, wie sie genutzt werden kann, wie ihr Wert bemessen wird und wie sie erlebt wird. Menschen sind unterschiedlich zeitarm und unterschiedlich zeitsouverän, und das ist nicht zufällig, sondern als Ergebnis gesellschaftlicher Machtstrukturen.“ (Bücker 2022, 14)

Zeiten sind unterschiedlich verteilt. Dies fängt bei Möglichkeit über ihre Verwendung zu entscheiden an und hört bei der Bezahlung und Wertschätzung der ausgeübten Tätigkeiten noch lange nicht auf. Wie viel Zeit bleibt den Menschen in Deutschland neben Arbeit, Schule oder Haushalt für Freundschaften und Familie? Wie viel Zeit wenden Männer und Frauen für „Care-Arbeit“, also unbezahlte Arbeit wie Kinderbetreuung, Hausarbeit, Ehrenamt oder Pflege von Angehörigen auf? Antworten auf diese und weitere Fragen liefert die Zeitverwendungserhebung, kurz ZVE, die alle 10 Jahre durchgeführt wird.

Die aktuell vorliegenden Zahlen stammen aus dem Jahr 2012. Mütter bzw. Väter mit Kindern wenden für die Bereiche ‚Erwerbstätigkeit‘, ‚Haushaltsführung und Betreuung‘ sowie ‚Ehrenamt, freiwilliges Engagement‘ in der Summe 8 Stunden und 26 Minuten bzw. 8 Stunden und 31 Minuten auf. Der Anteil Haushaltsführung und Betreuung beträgt bei den Müttern 5 Stunden 46 Minuten und bei den Vätern 3 Stunden und 1 Minute.

Die tägliche Zeitverwendung für unbezahlte Arbeit ist bei den Vätern von 2001/2002 bis 2012/2013 um 7 Minuten gestiegen, Mütter haben diese Tätigkeiten im selben Zeitraum um 6 Minuten reduziert. Von einer Gleichstellung der Geschlechter kann also weder bei der bezahlten noch bei der unbezahlten Arbeit gesprochen werden. Nach wie vor liegt eine geschlechtsspezifische Arbeitsteilung vor, wobei Väter insgesamt (unbezahlt wie auch bezahlt) täglich 13 Minuten mehr arbeiten als Mütter. …“