‚… wir werden eine zweiwöchige vergütete Freistellung nach der Geburt eines Kindes einführen‘

Newsletter 2022-04

Berufstätige Väter in der EU haben ab dem 23. August einen Anspruch auf zehn Tage Freistellung unmittelbar nach der Geburt. Eigentlich … In Deutschland wird die Vorschrift jedoch zunächst nicht umgesetzt – Eltern seien hierzulande schon jetzt „besser gestellt“ erklärt das zuständige Ministerium und verweist auf die zwei Partnermonate.

Das es sich bei der obligatorischen Freistellung nach der Geburt um etwas grundsätzlich anderes handelt, wird nicht berücksichtigt. Abgesehen von der Höhe der Lohnersatzleistung geht es um elementare Weichenstellungen in der Phase der Familiengründung. Väter können sich von Anfang an als selbstwirksam erleben und erkennen, dass es die ‚geborene Mutter‘ nicht gibt. Ihre Partnerin und sie selbst erlernen den Umgang und die notwendigen ‚Handgriffe‘ indem sie sich auf das Kind einlassen.

Und was die vermeintliche Besserstellung angeht: In einer Studie aus dem Jahr 2020 hat die OECD die Länge des Vaterschaftsurlaubs mit der in diesem Zeitraum geleisteten Bezahlung ins Verhältnis gesetzt und errechnet, wie vielen Wochen vollbezahltem Urlaub dies entspräche. Deutschland lag dabei mit 5,7 vollbezahlten Wochen im oberen Mittelfeld. Spitzenreiter innerhalb der EU sind laut diesem Papier Luxemburg (21,2 vollbezahlte Wochen), Portugal (12,5 vollbezahlte Wochen) und Spanien (12 bzw. seit Beginn dieses Jahres 16 vollbezahlte Wochen).

Väter und Kinder als Opfer von Gewalt

Wir sind uns bewusst, dass wir mit dem aktuellen Schwerpunkt ein heikles Thema aufgreifen. Das fängt schon mit der Abgrenzung der Beschreibung der Phänomen bzw. Gewaltformen an.

Christoph Liel führt dazu in seiner Dissertation ‚Väter und familiäre Gewalt aus: „Die Begriffe familiäre Gewalt, häusliche Gewalt, Partnergewalt und Kindesmisshandlung und -vernachlässigung werden im Wissenschaftsdiskurs sehr unterschiedlich verwendet. Die Bedeutungskonnotationen sind abhängig von den Disziplinen und teilweise politisch motiviert.
Häusliche Gewalt wird beispielsweise in der Rechtspsychologie anders verwendet als in der Sozialen Arbeit. Je nach Verständnis werden unter den Begriffen bestimmte Gewaltformen subsummiert oder sie von ihnen abgegrenzt.“

Über das Ausmaß des Problems familiärer Gewalt in Deutschland gibt es wenige verlässliche Zahlen. Häusliche Gewalt ist kein eigener Straftatbestand im strafrechtlichen Sinne und wird in der Polizeilichen Kriminalstatistik nicht gesondert ausgewiesen. Zu Partnergewalt veröffentlichte das Bundeskriminalamt im Jahr 2016 erstmals eine Jahresauswertung, in der diesbezügliche Straftatbestände (Körperverletzungen, Bedrohung Stalking, Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung oder gegen das Leben) spezifisch berichtet werden.

Wir werden uns aus diesen Gründen auch wenigen mit den Zahlen auseinandersetzen sondern Expert*innen und Praktiker*innen zu Wort kommen lassen, die an verschiedenen Stellen mit Täter*innen und Opfern arbeiten

Freiraum – Gewaltschutzwohnungen für Männer, Väter und Kinder

Ende der 1960er Jahre hat die Frauenbewegung es geschafft das Thema „Gewalt an Frauen“ öffentlich und sichtbar zu machen. Aus diesem Grund entstanden in dieser Zeit die Frauenhäuser. Diese sind auch heute noch fester Bestandteil unseres Hilfesystems. Und sie werden leider noch immer gebraucht und weiter ausgebaut werden müssen.

Aber auch Männer werden Opfer von häuslicher Gewalt. Diese Tatsache wird zur Zeit immer sichtbarer und öffentlich gemacht.

Aus dem Grund haben sich der SKM Köln und SKM Düsseldorf im Jahr 2019 aufgemacht und das Projekt „Freiraum- Gewaltschutzwohnungen für Männer“ konzeptioniert.

Dieses Projekt konnte mit Unterstützung des Landesministeriums für Heimat, Kommunales, Bauen und Gleichstellung umgesetzt werden und im Sommer 2020 sind die ersten Gewaltschutzplätze für Männer in NRW bezogen worden.

In dem Werkstattgespräch am 17. August berichtet Tobias Schiefer von den Anfängen, bietet Einblicke in die praktische Arbeit vor Ort und skizziert die Entwicklung seit 2020.

Zu dem Werkstattgespräch können Sie sich hier anmelden:

 https://www.surveymonkey.de/r/LAG_20220817

Rückblick

CDU und Grüne haben sich vor den Sommerferien erstaunlich schnell auf einen Koalitionsvertrag geeinigt und die neue Landesregierung vereidigt.

Das Familienministerium bzw. das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration wird in den nächsten fünf Jahren von der Grünen Politikerin Josefine Paul geleitet.

Das für Ende Juni geplante Werkstattgespräch zu den Plänen der neuen Regierung in Sachen Väter & Familien kam aufgrund der Plenumssitzungen im Landtag und der Tatsache, dass die Mitglieder der Ausschüsse noch nicht benannt waren, nicht zustande.

Wir sind jedoch im Gespräch mit den beiden Parteien und werden die Termine so schnell wie möglich nachholen.

Ausblick

Vor der Sommerpause haben wir die Themen und Schwerpunkte für die nächsten sechs Monate geplant:
Im September und Oktober wird es um die Bedeutung von Vätern im Kontext der Geburtsvorbereitung gehen. Hier werden wir insbesondere einen Blick auf gesundheitspolitische Entscheidungen und die Bedeutung von Hebammen werfen.

In den letzten beiden Monaten dieses Jahres steht das Thema ‚Väterarbeit im Strafvollzug‘ im Vordergrund. Welche Angebote und gute Praxis gibt es und was brauchen Väter und ihre Kinder um während der Haftzeit die Beziehungen aufrecht halten zu können?

Im Januar und Februar des kommenden Jahres wird es dann um Väter von Kindern mit Handicap gehen. Vor welchen Herausforderungen stehen sie und welche inklusiven Angebote im Rahmen der Väterarbeit gibt es für sie.

Termine

  1. August 2022, 15:30 bis 17 Uhr, Werkstattgespräch
  2. August 2022, 15:30 bis 17 Uhr, Online Member Meeting der LAG Väterarbeit

Alle Beiträge und Terminhinweise finden Sie auf der Webseite www.lag-vaeterarbeit.nrw