Gleichstellung kann nicht ohne das aktive Zutun der Männer funktionieren

Eine der Forderungen der LAG-Väterarbeit im Landtagswahlkampf lautete, das Gesetz zur Gleichstellung von Frauen und Männern für das Land Nordrhein-Westfalen so weiterzuentwickeln, dass zunächst in allen Kreisen und Kreisfreien Städten neben den Gleichstellungsbeauftragten auch die Stelle eines Ansprechpartners für Väter eingerichtet und zusätzlich finanziert wird.

Hier fangen wir auch nicht bei ‚Null‘ an, den in fünf Städten gibt es diese Stellen bereits. Die Gleichstellungsstelle in Dortmund ist dabei Vorreiterin und deshalb haben wir als erstes mit Olaf Schmitz gesprochen, der das Amt im vergangenen Jahr von Sebastian Kaul übernommen hat.

In lockerer Reihenfolge werden wir hier auch Interviews mit den Kollegen in Essen, Bonn, Münster und Düsseldorf veröffentlichen.

Du arbeitest als Nachfolger von Sebastian Kaul im Gleichstellungsbüro der Stadt Dortmund. Was war deine Motivation, dich auf diese Stelle zu bewerben?

Als Personalentwickler im Jobcenter war es mir schon vorher ein Anliegen, für gleiche Chancen im Berufsleben zu sorgen, insbesondere im Rahmen der Karriereplanung darauf zu achten, dass Männer und Frauen in Führungsrollen gleich vertreten sind und mit entsprechenden Angeboten gefördert werden.

Der Anstoß, mich für das Gleichstellungsbüro der Stadt Dortmund zu bewerben, kam auch über meine eigene Erfahrung als Vater, dass Familie und Beruf nicht immer ohne Probleme vereinbar sind, Kompromisse eingegangen werden müssen, insbesondere wenn beide Elternteile berufstätig sind. Corona hat gezeigt, welche Chancen sich dadurch auftun (z.B. mobiles Arbeiten), aber auch welche zusätzlichen Belastungen Eltern in dieser Situation abfedern müssen (z.B. Homeschooling, fehlende soziale Kontakte, Flucht in digitale Welten).

Ich wollte gerne mit und für (werdende) Väter(n) das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Stadtverwaltung Dortmund thematisieren, Beratung anbieten und Veranstaltungen zum Thema organisieren.

Wie sieht dein Arbeitsalltag dort aus?

Ein Teil besteht aus der klassischen Verwaltungstätigkeit der Sachbearbeitung im Gleichstellungsbüro. Dazu gehört die Mitwirkung bei personellen Maßnahmen, einschließlich Stellenausschreibungen, Auswahlverfahren und Vorstellungsgesprächen sowie organisatorischen und sozialen Maßnahmen. Außerdem bin ich beteiligt bei Planungsvorhaben von grundsätzlicher Bedeutung für die Beschäftigungsverhältnisse oder die Arbeitsbedingungen in der Dienststelle z.B. bei Dienstvereinbarungen zu den Themen Arbeitszeit/-erfassung oder Kompetenzmodelle. Dazu gehört auch der regelmäßige Austausch mit dem Personalamt und dem Personalrat.

Der zweite Schwerpunkt besteht in der sog. Projektarbeit. Dabei plane und organisiere ich Angebote für Männer/Väter der Stadtverwaltung, z.B. Fortbildungsangebote, Vorträge oder Workshops. Zu einer Tradition ist die Väterkonferenz geworden, die 2022 zum fünften Mal am letzten Tag der Sommerferien angeboten wird. Die Väter der Stadtverwaltung und ihre Kinder sind eingeladen, einen Tag auf einem Abenteuerspielplatz zu verbringen. Die Väter haben die Möglichkeit, am Vormittag zwischen sechs Workshop-Angeboten mit Referent*innen zu wählen und am Nachmittag gemeinsam an einem Vortrag teilzunehmen. Den Kindern wird ein breites Ferienprogramm mit Spiel und Spaß geboten und die ausgedehnte Mittagspause bietet die Möglichkeit, gemeinsam Zeit zu verbringen.

Außerdem bietet das Gleichstellungsbüro seit Jahren erfolgreich mehrmals im Jahr die sog. LunchBox an. Nach einer gemeinsamen halbstündigen Mittagspause mit Verpflegungsangebot folgt der Vortrag einer/eines Referent*in zu Themen wie Schlagfertigkeit, Achtsamkeit, Selbstmanagement etc. In diesem Jahr sind erstmals zwei Lunchboxen für Väter im Angebot mit den Titeln „Väter können das! – erfolgreich sein in Beruf und Familie“ und „Trennungsväter zwischen Frauenrabatt und Männerbonus“. Darüber hinaus unterstütze ich meine Kolleginnen bei Projekten zum Internationalen Frauentag, dem Equal-Pay-Day oder dem Gedenktag gegen Gewalt an Frauen.

Welchen Stellenwert haben Väter, hat das Thema Vaterschaft im Rahmen deiner Tätigkeit?

Insbesondere bei der Betrachtung von Vereinbarkeit von Familie und Beruf merke ich, dass die Vaterrolle immer noch stark in den Hintergrund der beruflichen Verantwortung rückt. Gerade bei der Inanspruchnahme von Elternzeit wird dies deutlich. Väter nehmen sie inzwischen zwar häufiger wahr, aber immer noch deutlich kürzer als die Mütter. Hier würde ich gerne einen Beitrag leisten, die Bedingungen für Väter zu verbessern und die Bereitschaft für mehr väterliches Engagement zu steigern. Wenn ich mit Vätern spreche, erkenne ich, dass das Bewusstsein dafür eigentlich vorhanden ist. Ein anderes Schwerpunktthema ist die eigene Fürsorge mit Blick auf Gesundheit, Achtsamkeit, Bewegung und Ernährung.

Welche Rolle spielen deiner Meinung nach Männer bei der Gleichstellung?

Sie kann nicht ohne das aktive Zutun der Männer funktionieren und sollte doch selbstverständlich sein. Männer haben einen 50%igen Anteil daran, dafür zu sorgen, dass Frauen die gleichen beruflichen Chancen mit identischer Bezahlung erhalten. Egal ob beruflich, gesellschaftlich oder privat, sollten sie darauf achten, Stereotype und Vorurteile zu vermeiden und sexistischer Diskriminierung energisch entgegenzutreten.

Neben dir gibt es ja in vier weiteren Städten Männer in Gleichstellungsbüros, tauscht ihr euch regelmäßig aus und was plant ihr gemeinsam?

Mit den Kollegen aus Düsseldorf, Münster, Bonn und Essen treffe ich mich regelmäßig per Videokonferenz. Aus Bonn ist auch eine Kollegin dabei, die sich für Männer-/Väterinteressen engagiert. Wir wollen vernetzt bleiben, um uns gegenseitig über Ideen und Projekte auszutauschen. Dabei steht der Gedanke von Best-Practice im Vordergrund. Im August treffen wir uns zum ersten Mal persönlich um die Planung einer NRW-Väterkonferenz zu konkretisieren. Diese soll im Juni 2023 in Dortmund stattfinden. Im Rahmen eines Bar-Camps soll Vätern aus ganz NRW die Möglichkeit gegeben werden, ihre Themen einzubringen und zu diskutieren. Natürlich sind dazu auch deren Kinder eingeladen, für die ein Programm mit Aktionen und Unterhaltung geplant wird.