Interview mit Antonio Diaz

Was ist eigentlich migrationssensible Väterarbeit?

Eine sehr schwierige Frage, in der Kürze zu beantworten. Was wichtig ist, dass man den Mensch so nimmt, wie er ist, dass man in dem Fall den Vater, dass man die Umstände berücksichtigt, dass man ihm Freiräume bietet, wo er sich äußern kann. Und das macht es möglich, mit ihm, dem jeweiligen Väter bestimmte Fragen, auch die, die ans Eingemachte gehen, zu bearbeiten. Zum Beispiel, die Rolle der Frau in seiner Familie.

Aber zuerst muss ein Raum geschaffen werden, wo das möglich ist. Und gleichzeitig verlangt das sehr viel am Anfang, dass man die jeweilige Sprache der Menschen beherrscht und die Kultur kennt, damit ich deren Herzen ansprechen kann. In der Sprache, in dem er zählt, liebt und flucht, sagen die einen, in der Sprache spricht das Herz.

Aber es gibt auch Menschen, die hier aufgewachsen sind, trotzdem Migrationshintergrund haben und besser deutsch sprechen. Die sagen zu mir dann: „Mit dem Gedöns höre mir auf.“ Das heißt, ich muss die Sprache des Herzens sprechen und nicht so sehr darauf achten, was ich sehe. Der Mensch hat Migrationshintergrund, weil er eine andere Hautfarbe, eine andere Sprache spricht, eine andere Religion hat. Nein. Zunächst steht im Mittelpunkt der Mensch, der Vater. Und das muss ich berücksichtigen. Das trifft auch, entschuldigen Sie den Ausdruck, das trifft auch zu, wenn ich mit sogenannten „Bio-Deutschen“ Vätern arbeite.

Aber es gibt Spezialitäten. Also man muss die Sprache kennen, die Kultur kennen, wissen, wie der andere tickt, eine gewisse Empathie für diese Arbeit, für die Väter in Betracht ziehen. Wichtig ist, den Mensch so zu nehmen, wie er ist. Dann kann man mit ihm arbeiten.

An der Stelle habe ich eine Nachfrage. Warum ist es so wichtig, da auch bei der migrationssensiblen Väterarbeit die Vielfalt der Väter im Blick zu behalten?

Weil, das ist, ich würde schon sagen, menschlich. Man neigt dazu Kategorien zu gebrauchen, um es einfacher zu haben. Nehmen wir an, Sie arbeiten mit sogenannten migrantischen Vätern. Was ist ein migrantischer Väter? Oder was ist ein Papa? Jemand, der in der zweiten Generation fließend deutsch spricht, die Herkunftssprache der Eltern nur von Hörensagen kennt und so weiter, der für sich selber sagt, ich bin ein Neudeutscher? Oder jemand, der in Norden, Dortmunder Norden lebt? Oder jemand, der in Dortmunder Süden lebt, kein deutsch kann, aber sich mit englisch mit seinen Mitbewohnern, mit den Institutionen unterhalten kann und sich um sein Kind sorgt?

Bleiben wir bei einem Beispiel Bio-Deutscher oder migrantisch. Und jemand ist behindert, obwohl ich das Wort nicht mag, weil ich davon selber betroffen bin. Er hat unter Umständen andere Werte dieser Mensch. Und deshalb ist wichtig, den Menschen ernst zunehmen, vor allem dort, wo diese Menschen meistens mit Vorurteile behaftet sind.

. Jeder von uns hat in bestimmten Momenten Vorurteile. Aber für diese Arbeit ist wichtig, dass man den Menschen so annimmt, wie er ist. Und ihn direkt anspricht und so weiter. Dann kann man sagen, nachher kann man sagen, ich kann mit den nicht arbeiten und so weiter, so wie der ist. Wie sagte mein alter Professor: „Seien Sie neugierig. Gehen Sie auf die Menschen zu. Das sind die besten Bibliotheken. Lernen Sie von denen.“

Was kann denn die Landesarbeitsgemeinschaft Väterarbeit dazu beitragen, dass ihre Mitgliedsverbände diese Väter besser erreichen und ihre Angebote auch von den migrantischen Vätern genutzt werden?

Wir müssen auf die Menschen zugehen, auf ihre Organisation, zu den Treffpunkten, sich äußern, bekanntgeben und vor allem, sie ernst nehmen. Leute überzeugen, dass man Väter so annimmt, wie sie sind. Ich sage immer wieder sehr salopp, entschuldigen Sie den Ausdruck, Väter sind auch Menschen. Und wie behandle ich den Menschen? Ich gucke erstmal nicht auf seine Sexualität, seine Herkunft, vielleicht durch meine christliche Vorprägung, ich gucke auf den Menschen. Der Mensch steht für mich im Mittelpunkt.

Und gestatten Sie mir noch ein Zitat. Mein alter Professor sagte immer: „Liebe den Sünder, hasse die Sünde.“ Und das ist auch mein Motto in dieser Arbeit und überall. Natürlich, wenn man was mitbekommt, muss man dafür sorgen, dass die Polizei eingeschaltet wird und so weiter, aber nicht als erstes.

Erstmal gucke ich mir an, wer kommt zu mir oder zu meinen Kollegen. Und da gucken wir mal. Und diese Haltung erwarte ich. In dieser Haltung erwarte ich, dass sie Väter organisieren, dass sie zusammentreffen. Und da können wir ein Stück leisten. Wir sind dafür da, ich in dem Fall für Inklusion, aber wenn ich nicht immer da bin, andere. Trefft euch zusammen. Arbeitet zusammen. Guckt, welche Gemeinsamkeiten ihr habt. Das ist das Wichtigste. Und je mehr wir von der Basis bekommen, umso mehr können wir eine bessere Lobbyarbeit machen.

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