‚Wo Familie draufsteht, da sind Männer nicht so mit drin‘

Eberhard Schäfer, Leiter des Papaladens in Berlin, Systemischer Berater und Therapeut und Diplom Politologe äußert sich zu Beratungsangeboten für Väter in einer Krisensituation.

Welche Beratung brauchen Väter in einer Krisensituation?

Väter brauchen in einer Krisensituation eine Beratung, sage ich jetzt erst mal so banal, die ihrem Anliegen gerecht wird. Das heißt, bei dem Berater oder bei der Beraterin muss ein Verständnis dafür da sein, dass dieser Mann oder dieser Vater in einer Krise ist. Und dass er entsprechend eine Ansprechpartnerin oder einen Ansprechpartner braucht, der zuhören kann und will. Der ein offenes Ohr hat. Der verständnisbereit ist. Und der schnell aus seiner professionellen Haltung heraus einordnen kann, um was es dem Vater geht und für was er jetzt welche Art von Rat oder Unterstützung oder Gespräch braucht.

Welche Art von Beratung braucht ein Mann oder Vater? Diese Beratung oder diese Beratungsstelle, diese Beratungseinrichtung muss für den Beratungssuchenden erreichbar sein, sichtbar sein. Und das sagen wir ja oft, dass wenn bei Beratungseinrichtungen globale Etiketten dranhängen, wie Erziehungs- und Familienberatung oder Elternberatung oder Lebensberatung, dass sich aus irgendwelchen Gründen Männer oder Väter da häufig nicht so angesprochen fühlen.

Wo Familie draufsteht, denken dann viele, da sind die Männer nicht so mit drin. Das heißt, ich plädiere seit vielen Jahren dafür, dass wenn man Männer oder Väter erreichen will, dann soll man das auch auf den Namen mit draufschreiben. Dann ist es ja eigentlich nicht mehr missverständlich, wenn da Beratung für Männer oder Beratung für Väter draufsteht, dass sich dann der Vater da auch hinwenden kann.

Wie sieht die Beratungslandschaft aus, auf die Väter treffen?

Bei so einer Frage, muss ich mich entscheiden, spreche ich auf eigene Rechnung oder als Lobbyist. Ja natürlich brauchen wir mehr Beratungsstellen. Es gibt nicht genug Beratung, das kann man immer sagen. Und gerade mit neuen oder neuartigen Herausforderungen, in denen Eltern und Väter sich befinden, wie, nicht verheiratete Paare haben Kinder, wie steht es da mit der formalen und auch mit der juristischen Situation? Oder, mehr und mehr Patchwork-Konstellationen. Wie komplex und kompliziert gestalten sich Familienbeziehungen in Patchwork-Konstellationen? Oder Konzepte von gemeinsam getrennt erziehen, also ein Elternpaar hat sich getrennt und es gibt auf beiden Seiten relevant viele Zeitanteile, in denen sich die Eltern um die Kinder kümmern.

Also dass Väter oder Männer mit all diesen Hintergründen in Beratungseinrichtungen Ansprechpartner und Ansprechpartnerinnen finden, die ein Bewusstsein davon haben, dass es diese Situationen gibt. Und da sage ich, auch mit meinem Erfahrungshintergrund, das finden viele Väter, die sich allgemein an Beratungseinrichtungen wenden, nicht immer. Also wenn ich mit Vätern spreche, wenn ich Väter berate, dann höre ich häufig so im ersten, zweiten, dritten Satz: Naja, als ich das Jugendamt angerufen habe, da hat man mir gesagt, „mit Ihnen als Vater kann ich gar nicht sprechen“.

Oder wenn er dann doch mit jemandem sprechen konnte, dann bekamen Sie zu hören: „Für Sie als Vater kommt es in erster Linie darauf an, dass Sie pünktlich und verlässlich Ihren Unterhalt zahlen können.“ Aber was mit der Beziehung zu den Kindern ist zweitrangig. Und wenn ein Vater sowas einmal oder mehrmals gehört hat, dann denkt er eben, ich finde hier nicht die richtigen Ansprechpartner. Und so geraten dann manche über ein paar Ecken an uns.

Also das heißt, mit anderen Worten, ich glaube, in der Beratungslandschaft sollte noch mehr Bewusstsein und Kenntnis vorhanden sein, wie komplex Eltern- und Trennungssituationen heutzutage sein können. Und dass Väter ein reales Interesse haben, eine gute Beziehung zu ihren Kindern zu haben und nach einer Trennung zu erhalten. Das ist nicht immer so präsent wie es sein sollte. Es ist wichtig dass Väter sich auch ernst genommen fühlen.

Was muss passieren, damit es passende Angebote für Väter gibt?

Na, auch hier, große Organisationen, die Beratungen, Beratungseinrichtungen tragen, die sollten mehr Bewusstsein dafür entwickeln, dass es spezifische Anliegen von Vätern gibt, und viele davon. Politische Institutionen und Akteure sollten das auch wissen. Ich kann jetzt auch mal schützend eigentlich sagen, gegenüber großen Organisationen, wie zum Beispiel Paritätischen Wohlfahrtsverband, da gibt es durchaus ein Bewusstsein dafür, es fehlt noch ein stückweit an der Umsetzung.

Aber dass die nicht so eine Haltung haben, wie vor zwanzig, dreißig oder vierzig Jahren. Mütter sind in erster Linie für Kinder zuständig und Väter haben allenfalls Unterhalt zu bezahlen. Also so schlimm ist es auch nicht, Was man vielleicht, also so hier einen schnellen Einwurf zu machen und zu sagen, das und das müsste es geben, das kann ich nicht tun.

Aber ich finde, dass Menschen, die mit Beratung und Institutionen zu tun haben, sich gründlich mit befassen sollten, Klammer auf, das wird auf der Ebene der Arbeitsgemeinschaft der Familienverbände in Deutschland und auf europäischer Ebene ein stückweit getan, Klammer zu, ist, was können wir eigentlich tun, damit Eltern in Trennungssituationen nicht gleich an den Rechtsweg denken? Oder nicht gleich daran denken, dass der Rechtsweg die einzige Möglichkeit ist, hier irgendwas zu klären oder zu lösen.

Also wir haben uns getrennt, oder wir wollen uns scheiden lassen und wir wollen unsere Interessen sichern und um die zu sichern, gehen wir zu einem Anwalt. Also dass diese Schnellschlüsse sozusagen, nicht mehr ganz so schnell sind. Ich wünsche mir, dass Paare, die sich trennen, oder Väter oder Mütter, die sich trennen, überlegen, wie können wir denn beide eine gute Beziehung zu unseren Kindern weiterführen und erhalten und was müssen wir dafür tun, wo gibt es hier die adäquate Beratung für uns?

Dass dieser Schritt zuerst gemacht wird, bevor man an den Rechtsweg denkt. In so vielen Beratungen, die ich führe, war der Rechtsweg zu einem Ende gekommen, zu einem unguten Ende, zu einem teuren Ende, zu einem für alle unbefriedigenden Ende. Zwei Jahre ist man diese Rechtswegschiene gegangen und hatte ein, zwei Prozesse und man ist mit den Ergebnissen überhaupt nicht zufrieden und dann geht man in die Beratung. Aber dann ist das Kind aber tief, tief in den Brunnen gefallen und dann ist ein Beratungsanfang überhaupt nicht so vielversprechend, wie wenn der ganze Schlamassel vorher nicht gewesen wäre.