In den vergangenen Jahren sind ja bereits eine ganze Reihe von Väterbüchern erschienen. Was war deine Motivation ein weiteres zu schreiben?
Der Verlag und ich hatten den Eindruck, dass es zu viele Ratgeber gibt, die sich zu sehr auf das Verhalten der Kinder und die Rahmenbedingungen, Action und Humor konzentrieren. Mein Gefühl ist, dass das vielen Vätern nicht gerecht wird, sie dadurch nicht wirklich ernst genommen werden.
Was unterscheidet dein Buch von den anderen?
Der Fokus bei mir liegt darauf, sich selbst als Vater, als Mensch besser kennenzulernen, seine Kinder besser zu verstehen und einen besseren Zugang zu bewusster, gewaltfreier Erziehung zu finden.
Ich lege den Schwerpunkt auf die eigene Verantwortung, für die eigene Zufriedenheit, seine eigene Fähigkeit, Beziehung und Bindung zu gestalten. Das Buch soll Impulse geben, seinen eigenen Weg bewusst zu entwickeln, mit dem Kind und in der Partnerschaft zu wachsen.
Welche Bedeutung hat der erste Teil des Titels ‚Up To Dad‘?
Das ist wohl ein Wortspiel zwischen Update und einem Appell, dass der Vater jetzt „dran“ ist.
Ein Bild taucht in dem Buch immer wieder auf, das des ‚Weges‘. Warum ist es so wichtig, dass Väter ihren eigenen Weg finden und gehen?
Zuerst müssen wir auch als Väter verstehen, dass wir nicht als liebevolle, achtsame und präsente Väter geboren wurden. Je nachdem, was wir selbst in unserer eigenen Familie erleben durften oder mussten, fällt es uns unterschiedlich schwer, auf die Bedürfnisse von uns selbst unseren Kindern einzugehen. Und da können wir selten von den Müttern lernen, sondern müssen nach und nach lernen, mehr auf uns zu hören, mehr Klarheit zu entwickeln, was uns guttut und damit auch der gesamten Familie. Da wir da von den vorherigen Generationen noch nicht viel Erfahrung übernehmen können, müssen wir selbst schauen, wie wir diesen Weg gestalten. Aus meiner Sicht klingt das nur durch Eine intensive Auseinandersetzung mit uns selbst und einem echten Austausch mit andern Vätern. Als Ergänzung ist es zu tiefst hilfreich, sich mit der Partnerin an seiner Seite auszutauschen und voneinander zu lernen.
An einer Stelle schreibst du ‚Als Mann muss ich bereit sein, etwas zu investieren‘. Warum ist das so und woraus bestehen die Investitionen?
Wir investieren in so viele Dinge, in Weiterbildungen, in Arbeitsgeräte, in Autos, Handys und Entertainment. Doch bei den Dingen, die aus meiner Sicht am wichtigsten sind: authentische und liebevolle Beziehungen, gehen wir davon aus, dass sich das schon irgendwie entwickelt. Es ist von Anfang an wichtig, Zeit für sich selbst und in die Partnerschaft und in seinen Lernprozess in die wohl wichtigste Rolle des Lebens zu investieren. Dafür braucht es vor allem Zeit und wirkliche Präsenz, wichtigsten in den ersten Jahren unserer Kinder.
Gefühle zu zeigen ist für viele Männer und Väter ja immer noch eine Herausforderung. Du überschreibst den Abschnitt zu dem Thema mit ‚Tränen sind die Waschanlage der Seele‘. Was verstehst du darunter?
Ich glaube dass bei vielen Männern hinter der Frustration, der Wut und Aggression eine Menge Gefühle liegen, die in der Kindheit und auch später kein Platz gefunden haben. Nicht selten ist es Trauer, nicht selten ist dass die Realisierung, dass wir Jahre oder gar Jahrzehnte lang gar nicht geweint haben. Obwohl es in vielen Situationen völlig angemessen gewesen wäre. Meine Erfahrung ist, dass wenn diese verschüttete Trauer ihren angemessenen Platz findet, vieles in Bewegung kommen kann und wir einen besseren Zugang zu der ganzen Bandbreite unserer Gefühle finden können. Dadurch können wir emotional präsenter bei unseren Kindern sein, und mit ihnen eine bessere Regulation lernen, eine wirklich tragende Beziehung aufbauen
Im letzten Abschnitt des Buchs formulierst du in Form von 11 Wünschen deine Visionen für eine gelingende Vaterschaft im 21. Jahrhundert. Welche drei wichtigsten väterpolitischen Forderungen würdest du daraus ableiten?
- Die Arbeit mit Vätern kontinuierlich (weiter-)entwickeln und ihre Herausforderungen ernst nehmen. Eine Ansprechstelle für Väter in jedem Bundesland sollte wesentliche Themen unterstützen. (Geburtsvorbereitungskurse und Präventionsangebote explizit für Väter; Fachberatung, Qualifizierung von Fachkräften, Präventionsangebote für Eltern, aufsuchende Sozialarbeit (Väterarbeit, Kinderschutz); Weiterentwicklung mobiler Familienarbeit im ländlichen Raum; flächendeckende Bildung zu Fragen von Erziehung und Selbstfürsorge.)
- Eine Familienzeit ähnlich dem Mutterschutz sollte auch Vätern selbstverständlich zur Verfügung stehen, ohne großen Aufwand, als Selbstverständlichkeot. Ein guter Anfang sind die Forderungen des BFM und der Petition zu 10 Tagen Vaterschaftsfreistellung (link?).
- Einen Weg hin zur Etablierung einer gewaltfreien, beziehungsorientierten Haltung in der Erziehung als Standard in Institutionen und Elternhäusern.
Lieben Dank für das Gespräch