Studie zu „Abwesenden Vätern“

Forschungsneuland haben Professorin Heike Trappe und Dr. Katja Köppen vom Lehrstuhl für Soziologie mit Schwerpunkt Familiendemographie der Universität Rostock betreten. Mit dem nun abgeschlossenen Projekt „Abwesende Väter? Zur Dynamik von Vaterschaft und Partnerschaft nach Trennung und Scheidung“ kommt Licht in ein bislang vernachlässigtes Thema. Welchen Schwierigkeiten sich Trennungsväter gegenübersehen, wollten die Rostocker Forscherinnen erfahren.

„Bis zum zehnten Geburtstag des ersten gemeinsamen Kindes ist etwa jede fünfte Partnerschaft in Westdeutschland und jede dritte Partnerschaft in Ostdeutschland getrennt“, betont Katja Köppen. Wie Eltern nach Trennung oder Scheidung weiterhin Verantwortung für ihre Kinder wahrnehmen, ist erst seit kurzem Gegenstand sozialwissenschaftlicher Forschung in Deutschland. In Kooperation mit Professorin Michaela Kreyenfeld und Dr. Esther Geisler von der Hertie School in Berlin wurde das Projekt zum Wohlbefinden von Trennungsvätern und den Beziehungen zu ihren Kindern durchgeführt.

Heike Trappe betont, dass Väter als Gruppe immer stärker ins öffentliche Bewusstsein rücken, weil sich die gesellschaftlichen Normen verändert hätten und die Erwartung sowie der Wunsch bestehe, sich mehr in der Kindererziehung und im häuslichen Bereich zu engagieren – Stichwort Elternzeit. Väter haben häufig auch nach einer Trennung das Bedürfnis weiterhin eine enge Beziehung zu ihrem Kind zu haben.

Ein Problem für die Forschung: Die amtliche Bevölkerungsstatistik gibt keine Auskunft über die Gruppe der Trennungsväter. Die Wissenschaftlerinnen waren deshalb auf Angaben aus sozialwissenschaftlichen Umfragen angewiesen. Ein Ergebnis ist, dass das gemeinsame Sorgerecht getrenntlebenden Vätern hilft, den Kontakt zu ihren Kindern aufrechtzuerhalten. Während fast die Hälfte dieser Gruppe ihr Kind mindestens einmal in der Woche sieht, treffe dies nur auf jeden fünften Vater ohne Sorgerecht zu, unterstreicht Katja Köppen. Ohnehin nehme über die Zeit der regelmäßige Kontakt zum Vater in beiden Fällen ab: „Zehn Jahre nach der Trennung haben noch 71 Prozent der Väter mit gemeinsamem Sorgerecht regelmäßig Kontakt zu den Kindern. Bei Vätern ohne Sorgerecht sind es etwa 38 Prozent“.

Heike Trappe betont: „Vätern mit höherer Bildung und gutem Einkommen gelingt es besser, stetigen Kontakt zu den Kindern zu halten“. Und noch ein Ergebnis brachte das Projekt ans Tageslicht: Wenn Trennungsväter eine neue stabile Partnerschaft haben, wirke sich dies nachteilig auf den Kontakt zu Kindern aus einer vorherigen Beziehung aus. Aufhorchen lässt auch der Fakt, dass in getrenntlebenden Familien nur 12 Prozent das Wechselmodell praktizieren. Sprich, die Kinder leben abwechselnd zu etwa gleichen Teilen bei Vater und Mutter. Dieses ist auch stärker bei Eltern mit höherem sozialen Status verbreitet, so Heike Trappe.

Zum Abschluss ihres Projekts hat sie gemeinsam mit Michaela Kreyenfeld das soeben erschienene Buch „Parental Life Courses after Separation and Divorce in Europe“ (Lebensläufe von Eltern nach einer Trennung oder Scheidung in Europa) herausgegeben. Dieser Band vereint wegweisende Studien über Scheidung und Trennung in europäischen Ländern sowie über deren Auswirkungen auf das Leben von Eltern und Kindern. Es werde beispielsweise aufgezeigt, so Heike Trappe, wie gesetzliche Regelungen und sozialpolitische Rahmenbedingungen in verschiedenen europäischen Ländern das Wohlergehen von Eltern und Kindern nach einer Scheidung und Trennung beeinflussen. In Deutschland leiden Mütter vor allem an den finanziellen Folgen einer Trennung, da sie aufgrund der stärkeren Doppelbelastung von Erwerbstätigkeit und Kinderbetreuung sowie eines generell niedrigeren Einkommensniveaus höhere ökonomische Einschnitte als Väter verkraften müssen. Bei Vätern hingegen sinkt vor allem die Zufriedenheit mit dem Familienleben, da sie nach einer Trennung häufig getrennt von ihren Kindern leben und der Kontakt zu ihnen geringer wird. Auch eine eher gleichberechtigte Form des Umgangs, so etwa in Form des Wechselmodells, kann das Wohlbefinden nach einer elterlichen Trennung nicht merklich steigern.